Ukrainische Kinder genießen Kriegs-Auszeit in Bad Mergentheim Große Unterstützung des Projekts vor Ort sorgt für Begeisterung und Dankbarkeit

Unter den Unterstützern auch die Sportjugend im Main-Tauber-Kreis

Im Rahmen einer Ferienfreizeit haben 15 Kinder und Jugendliche aus dem ukrainischen Schabo in Bad Mergentheim eine unbeschwerte Auszeit vom Krieg genießen dürfen. Dafür engagierte sich neben der Stadt ein breites Netzwerk aus Unterstützerinnen und Unterstützern, darunter auch die Sportjugend Main-Tauber-Kreis. Am Mittwoch reiste die Gruppe nach knapp zwei Wochen Aufenthalt in der Kurstadt wieder ab.

Die Idee war beim Besuch einer Delegation aus Schabo in Bad Mergentheim im vergangenen Sommer aufgekommen – als Geste der Solidarität von Kommune zu Kommune. Auch weil Schabo, eine Gemeinde in der Nähe von Odessa, dies als sehr wertvollen Akt der Unterstützung sah. Die Kinder und Jugendlichen, die nun nach Bad Mergentheim kommen durften, sind im Vorfeld von Schabo ausgewählt worden, weil sie in ihrer Heimat in verschiedenen ehrenamtlichen Projekten sehr engagiert waren oder besondere Leistungen erbracht haben.

Vom russischen Angriffskrieg gegen ihr Land sind sie vielfach betroffen. Schabo war wie die gesamte Region Odessa immer wieder Ziel heftiger Luftangriffe. Zuletzt im Juli dieses Jahres erlitt die Gemeinde durch einen massiven Raketeneinschlag schwere Schäden. Seit Beginn des Krieges wurden insgesamt 85 Objekte in Schabo zerstört oder beschädigt. Dazu zählen Kindergärten, Schulen, Wohngebäude, Bibliotheken, Kulturzentren, Erholungszentren an der Schwarzmeerküste und sogar Weinberge. Diese Angriffe führten auch zu Verletzten. 

Hinzu kommt: Die meisten Kinder, die in Bad Mergentheim zu Gast waren, haben Elternteile, die gerade im Fronteinsatz sind. Einige der Jugendlichen haben bereits Angehörige im Krieg verloren. „Es sind starke Kinder und Jugendliche, die mich beeindruckt haben – durch ihre Aktivität, ihr waches Interesse und ihre Lebensfreude trotz einer bedrückenden Situation in ihrer Heimat und ihrem täglichen Leben“, sagt Oberbürgermeister Udo Glatthaar, der die Ferienfreizeit initiiert hatte und auch bei verschiedenen Programmpunkten dabei war.

Für die Kinder und Jugendlichen aus Schabo waren es die ersten Eindrücke von Deutschland überhaupt, die sie in Bad Mergentheim sammelten. Dem 11-jährigen Yaroslav als jüngstem Teilnehmer in der Gruppe gefällt Deutschland „richtig gut“ und in Bad Mergentheim beeindruckte ihn besonders die „sehr schöne Natur“ um Wildpark und Waldorado. Auch dass die Stadt so ordentlich ist und die „netten Menschen“ hob er in einem persönlichen Zwischen-Fazit während seines Aufenthalts hervor.

Die 15-jährige Ewa war beeindruckt, „wie viele schöne Orte und Freizeiteinrichtungen auf kleiner Fläche“ Bad Mergentheim für Bürgerschaft und Gäste bereithält. Denis, der in Bad Mergentheim seinen 16. Geburtstag gefeiert hat, fand das Programm „super“ – seine persönlichen Höhepunkte sind die Sport-Aktivitäten Volleyball und Kanu fahren. Den Mädchen der Gruppe hat es die Solymar Therme besonders angetan.  

Mit Kateryna Petrovich (Gemeindeverwaltung) und Olena Chernokulska (Englischlehrerin) begleiten zwei Betreuerinnen aus Schabo die Gruppe. Auch ihnen gefiel es „richtig gut“ in Bad Mergentheim. „Wir bedanken uns herzlich bei Oberbürgermeister Udo Glatthaar, der Stadt und allen Ehrenamtlichen, die sich Zeit für uns nehmen; für ihre Gastfreundschaft, ihre Führsorge und die Möglichkeit einer kleinen Kriegsauszeit“, sagen sie. Der Aufenthalt in Bad Mergentheim sei für die Kinder mit vielen besonderen Eindrücken und Emotionen verbunden. 

Auf dem Programm standen Wanderungen und Lagerfeuer sowie Besuche der Bad Mergentheimer Kultur- und Freizeiteinrichtungen (Wildpark, Solymar Therme, Freibäder, Kurpark, Schloss, Münsterschatz). Besichtigt wurde unter anderem das Naturwärmekraftwerk. Darüber hinaus gab es in den Teilorten der Kurstadt besondere Erlebnisse: einen „Mühlentag“ in der Taubermühle Kuhn in Markelsheim, wo Ortsvorsteher Andreas Lehr auch durch das historische Rathaus führte und zum Eis einlud; ein von Ortsvorsteher Hubert Scheidel und seiner Familie zubereitetes Abendessen in Apfelbach sowie ein Treffen mit Ortsvorsteher Oliver Adelmann im Freibad Althausen.

Exkursionen in die Region führten zu Schloss und Sternwarte Weikersheim, Burg Neuhaus in Igersheim, zur Experimenta nach Heilbronn und nach Rothenburg ob der Tauber. Es gab drei Sportprogramme mit dem TV Bad Mergentheim und seinen vielfältigen Angeboten sowie Besuche bei der Feuerwehr und der Jugendfeuerwehr. Untergebracht war die Gruppe im „Waldorado“.

Organisatorisch geleitet hat die Freizeit Jochen Herrschlein (Kreisjugendfeuerwehrwart und Mitarbeiter der Stadtverwaltung), stellvertretende Leiterin war Iryna Kamaieva (Stadtwerk Tauberfranken). Als Übersetzerinnen und Betreuerinnen begleiteten unter der federführenden Koordination von Lilia Knauff das Programm: Darja Onyshchuk, Linda Peralta, Olena Yankivska, Anna Daub, Anastasia Lopatenko und Marina Usach. Weiter brachten sich engagiert ein: Hariolf Scherer für die Katholische Kirchengemeinde, Thomas Tuschhoff vom Arbeitskreis Asyl und Thomas Baiersdorf als Vorsitzender des TV Bad Mergentheim.

Getragen wird das Projekt nicht nur von der Stadt, sondern von einem breiten Netzwerk. Mit Material und finanzieller Unterstützung engagierten sich die heimischen Unternehmen Akon Aktivkonzept, Ansmann AG, BAGeno Raiffeisen eG, Bartec, Beteiligungsgesellschaft Familie Sturm, C & S Immobilien und Verwaltung, Edelfinger Hof, Fleckenstein Beratungs- und Beteiligungsgesellschaft, Herbsthäuser Brauerei, JAKO, Jakobshof Lehr, Jugendfeuerwehren von Kreis und Stadt, Kanu-Touristik Drescher, Kitzberg-Kliniken, Kreisjägervereinigung Mergentheim, Opitec, Radwelt Main-Tauber, Roto Frank, Sparkasse Tauberfranken, Spedition Rüdinger, Sportkreis Main-Tauber, Sportkreis Mergentheim, Stadtwerk Tauberfranken, Stiftung Würth,  Tourismusverband Liebliches Taubertal, Wirthwein SE, Wolf Baumaschinen, Würth Industrie Service und weitere. Einige Einrichtungen aus der Stadt luden die Kinder unentgeltlich ein, beispielsweise die Solymar Therme oder das Eiscafé Venezia. Auch viele Privatpersonen haben mit kleineren Spenden die Aktion möglich gemacht.  

Oberbürgermeister Udo Glatthaar dankt allen, die zum Gelingen des Projekts beigetragen und es unterstützt haben. „Das ist eine humanitär höchst anständige Haltung und nicht nur die unmittelbar Beteiligten, sondern auch die Stadt Bad Mergentheim insgesamt hat sehr viel zurückbekommen. Die Begeisterung der Kinder und die große Dankbarkeit waren alle Anstrengungen wert. Wir haben Kontakte geknüpft zu bildungshungrigen jungen Menschen, die für die europäischen Werte der Freiheit einstehen und leiden müssen. Diese herzlichen Freundschaften und Verbindungen sind ein Gewinn für uns alle.“

In Zeiten, in denen in Deutschland der gesellschaftliche Rückhalt für die Ukraine leider schwinde und der Populismus im Aufwind sei, bleibe es besonders wichtig, die Menschen und ihre Schicksale kennen zu lernen. „Das ist sehr bewegend – und man muss immer wieder betonen, dass es bei diesem Krieg auch um unsere Freiheit und unsere Sicherheit hier vor Ort geht“, sagt Udo Glatthaar. Auch deshalb sei er stolz und dankbar, wie viel Rückhalt das Projekt erleben durfte, das selbstverständlich nur „eine kleine, aber feine Geste der Mitmenschlichkeit und europäischen Solidarität“ sein könne.

Es ist weiterhin möglich, die Ferienfreizeit mit Spenden zu unterstützen, wozu OB Udo Glatthaar noch einmal aufruft. Die Bankverbindung ist ein Konto der Stadt Bad Mergentheim, IBAN DE06 6735 2565 0002 2932 64 (BIC: SOLADES1TBB). Als Verwendungszweck sollte „Spende Kinderprogramm Kriegs- und Katastrophenopfer“ angegeben werden. Das Ausstellen einer Spendenbescheinigung ist möglich. Damit diese postalisch zugestellt werden kann, sollten Unterstützerinnen und Unterstützer nach der Spende noch eine kurze E-Mail mit ihrem vollständigen Namen sowie ihrer Adresse an stadtkasse@bad-mergentheim.de schreiben. Hier genügt der Mail-Betreff „Spendenbescheinigung“.